Die Königin der Instrumente wurde liebevoll restauriert: frühromantische Orgel in Oberailsfeld
Die alte Orgel in St. Burkhard in Ahorntal-Oberailsfeld ist erfolgreich saniert worden. Orgelwerk und Orgelprospekt wurden dabei so detailgetreu als möglich wiederhergestellt.
Der alte Orgelbaumeister hatte das Instrument noch geplant und dessen Ausführung vorangebracht. Doch dann verstarb er, bevor er sein Werk vollenden konnte. Ein seit mehreren Generationen ebenfalls im Orgelbau tätiges Familienunternehmen aus der Region beendete in Nachfolge den Auftrag. So kommt es, dass die Orgel zwei Erbauer hat und seither beider Namen trägt.
Nun waren seit der letzten Instandsetzung bald 50 Jahre vergangen. Organist, Pfarrer und Gemeinde bemerkten seit langem schon, dass sich das Instrument in einem schlechten Zustand befand. Der Unmut über den unschönen Klang wurde größer und die Rufe nach Abhilfe lauter. Mit geschicktem Engagement und wertvollen Verbindungen gelang es, ausreichende Finanzzusagen zu erhalten. Nach Voruntersuchungen, Kostenermittlung, Referenz- und Angebotseinholungen wurde schließlich der Auftrag zur Sanierung erteilt.
Soweit zur Vorgeschichte. Als ich die Orgel schließlich das erste Mal sah, war ihre Sanierung bereits weit vorangekommen und die feierliche Einweihung in Sichtweite. Wobei das Wort „Sanierung“ nicht recht zutreffend ist, wie ich feststellte. Und auch der Orgelbaumeister, den ich mit zwei Mitarbeitern bei der Arbeit antraf, wäre wohl zutreffender als Orgelrestaurator zu bezeichnen. Er nahm mich mit seiner lebendigen Schilderung sofort gefangen: Erzählte mir, in welch schlechtem Zustand er das Instrument vorgefunden und Stück für Stück so originalgetreu wie möglich repariert, von neueren Teilen und weniger zufriedenstellenden Veränderungen befreit und in den Erbauungszustand zurückgeführt hatte. Es war zu feucht im Kirchenraum gewesen, und als er erstmalig Verkleidungen des Orgelprospekts abnahm, sah er, dass die inneren Teile allesamt mit einer feinen weißen Schicht überzogen waren. Hölzer, Leder und alle weiteren Materialien waren von einem leichten Auflagenschimmel bedeckt. Dieser wurde zunächst Stück für Stück entfernt. Jetzt zeigte sich deutlich, wo Materialien abgenutzt, verzogen, beschädigt oder unzureichend durch neue Teile ersetzt worden waren. Kurz und gut: Es offenbarte sich eine wahre Herkulesaufgabe. Denn das Ziel, das der Orgelrestaurator sich und seinem Team gesetzt hatte, war kein geringeres, als die Orgel weitestgehend in den Originalzustand zurückzuführen und damit den Originalklang, die originale Intonation aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts neu aufleben zu lassen.
Mit welcher Energie und Zielstrebigkeit er dies verfolgte, möchte ich beispielhaft anhand der Schrauben schildern, die zu ergänzen waren. Mindestens 4 Stück halten je eine der hölzernen Füllungen des Orgelprospekts. Wie Schraubverschlüsse können sie gelöst, die Füllung herausgenommen und so Zugang zum Orgelwerk ermöglicht werden. Nun fehlten insgesamt 12 Stück dieser handgeschmiedeten Befestigungen. Der Orgelbaumeister entschied sich, sie originalgetreu zu ersetzen. Das heißt, er verwendete kein womöglich ähnliches Industrieprodukt. Vielmehr suchte er einen ihm bekannten Schmied auf. Dieser schmiedete in Handarbeit 12 Nägel, die in Form und Herstellung dem Original entsprachen. Allein, es fehlte noch das Gewinde, das herzustellen nicht zur Arbeit eines Schmieds gehört. Der Orgelbaumeister nahm die 12 Nägel in Empfang. Und mit viel handwerklichem, über Jahre erworbenem Geschick war er selbst in der Lage, die fehlenden Gewinde zu drehen.
Ich war äußerst beeindruckt, als er mir sein Ergebnis zeigte und dessen Entstehung schilderte. Seine Beschreibung, wie jene kleinen fehlenden Teile der Orgel wieder erschaffen wurden, war nur ein Bruchstück dessen, was er mir vom Restaurierungsprozess erzählte. Denn eine Orgel, die noch zumal ihren ursprünglichen Klang wieder erhalten soll, besteht aus für mich unübersehbar vielen kleinen bis kleinsten Einzelteilen.
Länger als geplant hatte ich mich in der Kirche aufgehalten und zugehört. Und als ich sie wieder verließ, war ich beeindruckt und bereichert. Von der Schaffensfreude der Orgelbauer hatte ich erfahren und werde gerne zurückkehren, wenn ich einmal die Gelegenheit dazu habe.